Bäderarchitektur

Prachtvolles Erbe vergangener Zeiten

Es ist ein wertvoller Schatz, den die einstigen Sommergäste der Insel Usedom geschenkt haben. Die Bädervillen aus der Kaiserzeit scheinen sich gegenseitig in Pracht und Vielfalt zu übertrumpfen. Hier werden Ihnen die Augen übergehen.

Metamorphose zum mondänen Seebad

Bereits im frühen 19. Jahrhundert entdeckten die Großstädter ihre Liebe zur Ostsee. Binnen weniger Jahrzehnte mauserten sich die Bauern- und Fischerdörfer an Usedoms Küste zu eleganten Seebädern. Vor allem für den Adel und das finanzkräftige Großbürgertum war es schick, die „Sommerfrische“ an der Ostsee zu verbringen. Spätestens seit 1876, als erstmals die Eisenbahn zwischen der Hauptstadt und Swinemünde fuhr, entwickelte sich Usedom zur „Badewanne der Berliner“.

Gesellschaftliches Leben auf der Promenade

„Vorne Ku’damm hinten Ostsee …“, scherzte Kurt Tucholsky. Für die Berliner High Society des ausgehenden 19. Jahrhunderts spielte das „Sehen und Gesehen werden“ und das „Zeigen, was man hat“ auch während der Sommerferien an der Ostsee eine große Rolle. Noch heute können Sie in den Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin sowie im Ostseebad Zinnowitz auf Schritt und Tritt prachtvolle Bäderarchitektur bestaunen.

Pärchen auf einem Weg vor einer gelben Bädervilla — ©

Vielfalt der Stile als Programm

Wer damals etwas auf sich hielt, ließ sich je nach Geltungsbedürfnis und Portemonnaie eine repräsentative Sommerresidenz an der Promenade bauen. Die finanzkräftigen Bauherren griffen dabei tief in die Schatzkiste früherer Epochen. Gestaltungsmerkmale, die allen Villen gemeinsam sind, werden Sie vergeblich suchen. Vielmehr macht die Vielfalt der Stile den Reiz der Bäderarchitektur aus. Die Bädervillen erinnern an italienische Renaissancepaläste, klassizistische Kaufmannsvillen oder Schwarzwaldhäuser.

Typische Gestaltungselemente der Bäderarchitektur

Portale mit antiken Säulen
Reich verzierte Dreiecksgiebel nach Vorbild griechischer Tempel
Säulen mit reich verzierten Korinthischen Kapitellen
Breite Freitreppen und parkähnliche Gartenanlagen
Großzügige Loggien (Heute meist mit Glas verschlossen)
Verwinkelte Erker und Schmucktürmchen
Reich verzierte Veranden und Balkone aus Holz

Jedes Seebad mit eigenem Charakter

Heringsdorf: Treffpunkt für die Berliner Hautevolee

Ob Forstmeister Bernhard von Bülow ahnte, dass er zum Trendsetter werden würde? Der Vorfahre von Loriot ließ auf dem Kulm das erste Logierhaus in Heringsdorf errichten. Wenige Jahrzehnte später war das kleine Fischerdorf Heringsdorf an der Ostsee zu einem prestigeträchtigen Seebad avanciert. Hier verbrachten der Adel und die Prominenz aus Wirtschaft und Kultur ihre Sommerferien. Bis heute zeugen die prachtvollen Sommersitze in den weitläufigen Parkanlagen vom einstigen Glanz.

Villa Irmgard
Weißes Schloss
Villa Achterkerke
Villa Oechsler
Villa Staudt
Villa Bleichröder
Villa Oppenheim
Villa Hintze

Ahlbeck: Ein Seebad für alle

Etwas weniger luxuriös und exklusiv ging es im Seebad Ahlbeck zu. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren zahlreiche Pensionen und Hotels entstanden. In Ahlbeck verbrachten vor allem Familien des Mittelstands den Sommer, die sich das mondäne Heringsdorf nicht leisten konnten oder wollten. Die schönsten Villen im Stil der klassizistischen Bäderarchitektur können Sie an der Promenade und in der Stresemann-, Bismarck-, Ritter-, Goethe- oder Kaiserstraße bestaunen.

Ahlbecker Hof
Ahlbecker Seebrücke
Villa August Viktoria
Villa Emmy

Bansin: Unverstellter Blick auf’s Meer

Das jüngste und kleinste Kaiserbad ist Bansin. Anders als Heringsdorf und Ahlbeck wurde es 1897 von Anfang an als Seebad konzipiert. Ganz bewusst ließen die Bauherren die Hotels und Pensionen auf Lücke bauen. So konnten auch die Sommergäste in der zweiten Reihe den herrlichen Meerblick genießen. Die noble Bäderarchitektur prägt das Seebad bis heute. Lückenlos ist das Ensemble der Bädervillen in der Bergstraße erhalten.

Blick auf die Bansiner Bädervillen am Strand — ©

Konzertmuschel und historische Badekarren
Villen in der Bergstraße
Strandhotel Atlantic

Zinnowitz: Familienbad damals wie heute

Auch in Zinnowitz werden Sie die über 170-jährige Tradition als Seebad überall spüren. Bädervillen und Pensionshäuser im Stil des Klassizismus und des Jugendstils prägen das Ortsbild. Besonders prächtige Beispiele der Bäderarchitektur können Sie in der Neuen Strandstraße, in der Bergstraße und an der Strandpromenade bewundern.

Preussenhof
Palace Hotel
Villa Gruner
Haus Waldesruh
Hotel Asgard
Hotel Seeschlösschen

Fertighäuser aus Holz

Sind Ihnen die schmucken Holzhäuser an der Promenade in Heringsdorf und Bansin aufgefallen? Die sogenannten Wolgaster Holzhäuser sind eine besondere Spielart der Bäderarchitektur. Sie wurden von der 1865 gegründeten „Wolgaster Actien-Gesellschaft für Holzbearbeitung“ serienmäßig gefertigt. Aus den vorgefertigten Teilen konnten sich die Kunden je nach Geschmack und Finanzkraft ihr individuelles Modell aus dem Katalog bestellen.

Von der Weltausstellung nach Bansin

Auf der Bansiner Promenade gibt es mehrere Wolgaster Holzhäuser zu besichtigen. Die schmale Villa „Ut Kiek“ fällt besonders ins Auge. Als Prototyp wurde sie auf der Weltausstellung in Paris gezeigt und anschließend in Bansin wiederaufgebaut. Gleich daneben schließen sich die Villa Vineta, die Villa Heimdall und das Café Asgard an. In dem traditionsreichen Café können Sie ein Wolgaster Holzhaus sogar von innen besichtigen.

Villa Vineta
Villa Heimdall
Ut Kiek
Café Asgard
Villa Auguste Viktoria
Jugendherberge Heringsdorf

Wir zeigen Ihnen die schönsten Villen

Gästeführer in historischem Kostüm zeigt einem Pärchen die Heringsdorfer Bäderarchitektur. — ©

Einmal im Jahr – während der Woche der Bäderarchitektur – schenken die Kaiserbäder den historischen Villen besondere Aufmerksamkeit. Lassen Sie sich mit Vorträgen, Filmen und Rundgängen diesen besonderen Architekturstil näherbringen. Auf dem Kaiserbäder Erlebnispfad können Sie mithilfe einer App auf eigene Faust in die Geschichte der Kaiserbäder eintauchen. In Zinnowitz führen Infotafeln Sie in die Historie der Baudenkmäler ein.