Sie haben die Laufmützen Usedom ins Leben gerufen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, andere für dieses Hobby zu begeistern und gemeinsame Laufevents zu organisieren?
Angefangen hat es damit, dass Rolf-Seelige Steinhoff, der Geschäftsführer der Seetelhotels, der Personal Trainer Andreas Stübs und ich mit einer Staffel beim Usedom-Marathon starten wollten. Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach war, genügend Mitstreiter zu finden. Nachdem wir im ersten Jahr allein den Halbmarathon gelaufen sind, haben wir die monatlichen Läufe organisiert, um für das kommende Jahr eine Staffel-Mannschaft aufzubauen. Zunächst sind wir in kleinem privatem Rahmen mit lediglich fünf Leuten gelaufen. Über die Jahre haben sich uns dann immer mehr Läufer angeschlossen. Es funktionierte nach dem Schneeballeffekt. Die Teilnehmer hatten Spaß in der sportlichen Atmosphäre, und jeder hat in seinem Umfeld neue Leute animiert und mitgebracht. Niemals hätte ich es damals für möglich gehalten, dass wir einmal, wie z.B. beim Moon-Run, mit 300 Leuten starten würden.
Seit dem 1. Weihnachtsmützenlauf 2014 kommen die Laufevents einem guten Zweck zu Gute. Die freiwilligen Startgelder und Erlöse aus Getränkeverkäufen werden an den Förderverein Kinder- und Jugendhospiz „Leuchtturm“ e.V. gespendet. Warum haben Sie diesen Verein ausgewählt?
Weihnachten ist die Insel immer sehr gut gebucht. Viele Gäste genießen hier den Jahreswechsel und die Zeit für sich und die Familie im Verwöhnprogramm. Und Weihnachten verbringen die meisten viel Zeit mit Essen. So kamen wir auf die Idee, etwas für die Bewegung anzubieten. Laufen & Gutes tun, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere. Beim ersten Weihnachtsmützenlauf am zweiten Weihnachtsfeiertag 2014 haben bereits 69 Läufer teilgenommen. Neben den Startgeldern von 5 Euro, spendeten viele Passanten spontan, so dass auf Anhieb 1000 Euro zusammengekommen sind. Laufen, Spenden und Freude bereiten: Das war so unglaublich motivierend.
Den Kinder- und Jugendhospizdienst „Leuchtturm“ e.V. in Greifswald habe ich bewusst ausgewählt. Es ist so wichtig, Familien in dieser schwierigen Situation professionell zu unterstützen. Dabei geht es nicht nur um Trauerbegleitung, sondern auch um konkrete Hilfe im Alltag und die Betreuung der Geschwister. Für sie bleibt in dieser angespannten Situation meist keine Zeit. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein stationäres Kinderhospiz. Da möchten wir mit den Spendengeldern helfen. Seit 2014 haben die Laufmützen knapp 82.000 Euro gesammelt – das kann ich selbst kaum glauben.
Aus diesem ersten Weihnachtsmützenlauf ist übrigens auch unser Name „Laufmützen“ entstanden. Wir konnten uns im Sommer ja schlecht weiterhin so nennen …
Bei den Läufen sollen keine Streckenrekorde aufgestellt werden, sondern Spaß und Geselligkeit im Vordergrund stehen. Kann jeder mitmachen?
Wirklich jeder. Wir wollen den Leistungsdruck durchbrechen. Jeder macht in seinem Tempo mit und kann entweder schnell oder im Schritttempo laufen, walken oder einfach spazieren gehen. Es geht vor allem darum, Menschen kennenzulernen und die wunderschöne Insel mit neuen Augen zu sehen. Die monatlichen Lauftreffen werden jedes Mal von einem anderen Gastgeber ausgerichtet, so dass sich die Start- und Zielpunkte ändern. Dadurch lernen auch die Insulaner immer wieder neue Strecken kennen.
Gibt es einen harten Kern unter den Laufmützen, der regelmäßig an den Läufen teilnimmt? Bestimmt sind inzwischen Freundschaften entstanden?
Inzwischen gehören viele Laufmützen zum harten Kern, und es sind viele enge Freundschaften entstanden. Die meisten kannten sich vorher gar nicht. Uns verbindet die Passion des Laufens, dadurch kommen Menschen mit den unterschiedlichsten Berufen zusammen. Das ist unglaublich inspirierend. Außerdem können wir uns so gegenseitig gut unterstützen. Das Tolle ist auch, dass der soziale Status gar keine Rolle spielt, wenn man gemeinsam läuft. Man begegnet sich auf Augenhöhe, egal ob Hoteldirektor oder Hartz-IV-Empfänger.
Ihr neuestes Projekt ist das Buch „Lauflust“, das Mitte Mai im Verlag Edition Braus Berlin erscheinen ist. Was erwartet den Leser? An wen richtet sich das Buch?
„Lauflust“ gibt persönliche Empfehlungen von begeisterten Laufmützen an alle, die aktiv sein wollen. Ganz gleich, ob Joggen, Radeln, Wandern oder Spazierengehen. Hinter jeder Strecke steht ein anderes Gesicht der Insel. Wir haben aus dem Projekt fast einen richtigen Reiseführer gemacht, denn die Sehenswürdigkeiten auf allen Strecken werden ausführlich beschrieben und bebildert. Das Buch ist übrigens auch ein Charity-Projekt. Für unsere Texte und die Fotos des Inselfotografen Matthias Gründling nehmen wir keine Honorare. Die Erlöse aus dem Verkauf gehen eins zu eins an den Förderverein Kinder- und Jugendhospiz „Leuchtturm“ e.V.
Herzogenrunde – Dünenschleife – Steilküstentrail – Mühlenromantik: Sie sind für die Recherche für das Buch „Lauflust“ alle 16 Strecken abgelaufen. Welche Route gefällt Ihnen am besten? Gibt es einen persönlichen Lieblingslauf?
Eine Lieblingsroute habe ich gar nicht. Bei der Recherche habe ich aber ein paar neue Strecken entdeckt, die mich total begeistern. Zum Beispiel sehe ich Wolgast mit völlig neuen Augen, seitdem ich mich mit der Route näher beschäftigt habe. Die jahrhundertealte Geschichte als Herzogsitz, die mittelalterliche Altstadt, die Peenewerft und die schöne Lage am Peenestrom machen die Strecke sehr reizvoll. Auch den Pilgerweg durch Wolgast, den Herzog Wartislaw IX. nach einer Jerusalemreise im 15. Jahrhundert dem Kreuzweg nachempfinden ließ, finde ich spannend. Oder die Strecke im Lassaner Winkel, die teilweise auf dem Jakobsweg Via Baltica liegt: Die kleine Stadt Lassan, das Künstlerdorf am Pulower See und die mit Mirabellenbäumen gesäumte Straße von Pulow nach Lassan sind zauberhaft.
Vielen Dank für das Gespräch!