Martin Schneider auf dem Rathausplatz in Wolgast
Magazin

Inselgesicht Citymanager Martin Schneider

10.05.2024, Usedom Tourismus GmbH

Als City- und Kulturmanager hat sich Martin Schneider vorgenommen, die traditionsreiche Stadt Wolgast aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Mit seinen kreativen Ideen und zahlreichen Kontakten zur Kultur- und Theaterszene hat der Netzwerker in seiner zweijährigen Amtszeit bereits viel erreicht. 

Von der Theaterbühne ins Rathaus

Mit Theater fing alles an. Vor zwanzig Jahren sind Sie auf die Insel Usedom gekommen, um eine Schauspielausbildung an der Theaterakademie in Zinnowitz zu absolvieren …

Nicht im Traum hätte ich daran gedacht, dass ich so lange hierbleiben würde. Ich bin jetzt norddeutscher Sachse. Zunächst habe ich in Dresden Landschaftsarchitektur studiert. Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich mich viel mehr für Theater als für Bäume und Pflanzen interessiere. Ich habe mich nebenbei immer mit Theater beschäftigt. Ich habe das Schultheater gleitet und bin als Komparse aufgetreten. Unter Theaterleuten habe ich mich richtig wohlgefühlt. Eine Freundin meiner Mutter hatte mir den Tipp gegeben, dass es auf Usedom eine Schauspielschule gibt. Als ich mich spontan in Zinnowitz beworben habe, bin ich genommen worden. Die familiäre Atmosphäre hat mir sofort gefallen – klein und behütet. Nach der Ausbildung ist mir die Leitung der Barther Boddenbühne angeboten worden. Das habe ich neun Jahre gemacht. Danach war ich für zwei Jahre als Nachfolger von Wolfgang Bordel Intendant der Vorpommerschen Landesbühne.

Seit 2022 sind Sie City- und Kulturmanager für die Stadt Wolgast. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?

Die Stadt Wolgast hat vor zwei Jahren ein Markenkonzept erstellen lassen. Die Agentur hatte darin empfohlen, einen Citymanager einzustellen. Am besten jemand, der Kontakte zur Kultur hat. So ist der damalige Bürgermeister Stefan Weigler auf mich bekommen. Als der Anruf aus dem Rathaus kam, dachte ich mir: Das klingt spannend, warum nicht. Der Job hat mit Kultur zu tun, man kann gestalten und kreativ sein. Reizvoll finde ich, dass Wolgast kein Ort ist, wo schon alles fertig ist. Wolgast ist eine Stadt im Dornröschenschlaf.

In ihrer Funktion als Intendant der vorpommerschen Landesbühne konnten Sie viele Kontakte knüpfen. Können Sie auf dieses Netzwerk als Innenstadtmanager aufbauen?

Auf jeden Fall. Ich habe Kontakte zu Kulturakteuren und zur Politik auf Kreis- und Landesebene: Es ist Gold wert, wenn man die eine oder andere Telefonnummer hat. Es hilft auch, wenn man erfolgreiche Projekte vorweisen kann. Das schafft Vertrauen.

 

Hafen in Wolgast
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Welche Potenziale sehen Sie für die Stadt Wolgast? Wie gelingt es Ihnen, eine positive Entwicklung anzustoßen?

Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Innenstadt. Wir betrachten Wolgast aber auch als Ganzes. Bei unseren Überlegungen denken wir in erster Linie an die Bedürfnisse der Einheimischen. Wenn der Wolgaster dahintersteht, spricht sich das am ehesten rum. Natürlich hoffen wir, dass in den Touristinfos auf der Insel ein Ausflug nach Wolgast empfohlen wird – nach dem Motto „In Wolgast ist immer was los“. Das müssen wir schaffen. Wir setzen auf viele unterschiedliche kleine Veranstaltungen. Das belebt die Altstadt mehr als eine Großveranstaltung, die nur einmal im Jahr stattfindet. Entscheidend wird die Stadthalle sein. Es hat bisher immer ein Ort gefehlt, wo etwas stattfindet, wo man etwas gemeinsam erleben kann, wo ein Wir-Gefühl entsteht. Ich freue mich, dass mit dem Umbau der Bibliothek zur Stadthalle nun ein solcher Ort geschaffen wird.


Was wünschen sich die Wolgaster? Konnten Sie in Ihrer Amtszeit bereits Wünsche erfüllen?

Auf der Wunschliste der Wolgaster steht die Stadthalle und ein Kino an oberster Stelle. Da sind wir dran. Mit dem kulturellen Format „Brot und Salz“ konnten wir bereits leerstehende Plattenbauten und Ladenlokale mit kleinen Darbietungen und Geschichten beleben. In Grundschulen und Kitas bieten wir regelmäßig Puppentheater an. Am Museumshafen soll in einer alten Telefonzelle ein Bücherhafen entstehen, und ab Ende April findet wieder am letzten Samstag im Monat der Trödelmarkt statt. Beim alten Rathaus werden wir demnächst eine Litfaßsäule aufstellen, wo sich die Wolgaster an zentraler Stelle über alle Veranstaltungen informieren können. Für mich ist jede kulturelle Veranstaltung ein erfüllter Wunsch.
 

Wolgast feiert in diesem Jahr die Ersterwähnung vor 900 Jahren mit großen Jubiläumsfeierlichkeiten.

Was ist alles für das Stadtjubiläum Wolgast900 geplant?

Viel! Insgesamt sind es weit über hundert Veranstaltungen, darunter viele Lesungen, Ausstellungen und Konzerte. Es sind drei große Hybrid-Veranstaltungen geplant, die sich mit der Geschichte Wolgasts befassen. Im Juni geht es mit dem „Magazin der Künste“ los. Das ist eine Kombination aus Public Viewing der Fußball-EM, dem Erdbeerfest und der Premiere des Wolgast-Films. Der Film ist ein Herzensprojekt von mir. Wir haben ihn wie eine Ausgabe des NDR-Nordmagazins konzipiert. Der Film führt durch neun Jahrhunderte bewegte Geschichte und beleuchtet die markanten historischen Ereignisse. Meine Kontakte zur vorpommerschen Landesbühne kommen mir hier natürlich zu Gute. Parallel führen die Schüler der Runge-Gymnasiums ein Theaterstück auf. Das kann natürlich nur das Märchen „Vom Fischer un sin Fru“ sein, das Philipp Otto Runge aufgeschrieben hat – allerdings zeitgemäß adaptiert. Im August ist zur Kulturnacht ein großes Stadtfest mit Mittelalterspektakel geplant, und im September führt die Kantorin von St. Petri mit Chören aus der Region Carl Orffs Meisterwerk „Carmina Burana“ in der ehemaligen Ceravis-Halle auf. Den Wolgast-Film zeigen wir dann auch jedes Mal. 

Logo-Schriftzug "Wolgast 900"

Es ist gar nicht so lange her, dass das 750. Stadtjubiläum begangen wurde. Wie kam es zu diesem plötzlichen Zeitsprung?

2007 hat die Stadt 750 Jahre Lübisches Stadtrecht gefeiert. Dazu gibt es allerdings gar keine Urkunde. In den fünfziger Jahren hat man kurzerhand das Jahr für die 750 Jahrfeier geschätzt. Auf die Idee, 900 Jahre Ersterwähnung zu feiern, hat uns ein historisch interessierter Urlauber gebracht. Der Bürgermeister war von der Idee gleich begeistert. Mit dem Stadtjubiläum möchten wir viele Veranstaltungen anstoßen, die sich dann etablieren sollen. Wolgast900 ist gewissermaßen der Startschuss, um den Staub von der Stadt runter zu pusten. Seit Januar 2024 ist Swentja Krumscheid als Projektmanagerin für Wolgast900 mit an Bord. Sie unterstützt mich dabei, die Fülle der Veranstaltungen zu organisieren. Wir kennen uns vom Theater und ergänzen uns super.

Was macht den Charme von Wolgast aus? Welche Sehenswürdigkeiten sollten Urlauber der Insel Usedom in Wolgast unbedingt besichtigen?

Der mittelalterliche Stadtkern. Nach dem Stadtbrand von 1713 standen in Wolgast nur noch drei Häuser. Die Wolgaster haben ihre Stadt auf dem mittelalterlichen Grundriss mit barocker Architektur wiederaufgebaut. Das ist wirklich etwas Besonderes. Wer nach Wolgast kommt, sollte sich den Museumshafen, die St. Petrikirche mit der Herzoggruft, das Rungehaus und das Stadtgeschichtliche Museum Kaffeemühle angucken. Wer schwindelfrei ist, sollte unbedingt auf den Kirchturm der St. Petrikirche steigen. Ein Tipp ist der Tierpark – ein sehr schönes Ausflugsziel für Familien.

Was mögen Sie persönlich an Wolgast? Was ist Ihr Lieblingsort in der Stadt?

Am Museumshafen bin ich sehr gerne. Ich mag das Maritime am Wasser.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Karina Schulz für usedom.de am 21.03.2024.
 

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